Mit dem Start der neuen Path of Exile 2-League steht eine Klasse besonders im Rampenlicht: der Druide. Kaum eine andere Erweiterung wurde von der Community so lange erwartet wie der Gestaltwandler, der sich flexibel in Bär, Wolf oder Wyvern verwandeln kann. Doch während der Druide im Endgame enormes Potenzial entfaltet, bringt er laut Entwickler auch neue Balance-Probleme mit sich – allen voran seine Hitbox.
Im Gespräch mit Game Director Jonathan Rogers gibt Grinding Gear Games nun tiefe Einblicke in die Design-Herausforderungen hinter der neuen Klasse und erklärt, warum der Druide für das Entwicklerteam fast vier Klassen in einer war.
Vier Klassen in einer – das Design-Dilemma des Druiden
Die größte Herausforderung bei der Entwicklung des Druiden lag laut Rogers in der Vielseitigkeit der Klasse. Jede Form musste eigenständig funktionieren, ohne sich wie eine abgespeckte Variante der anderen anzufühlen. Gleichzeitig sollten Hybrid-Builds sinnvoll und synergistisch bleiben.
Spieler sollen sich bewusst dafür entscheiden können, ausschließlich menschlich zu bleiben oder dauerhaft in Tierform zu spielen, ohne dabei spürbare Nachteile zu haben. Genau hier lag das Problem: Überschneidungen mussten vermieden werden, ohne das Gefühl zu erzeugen, man spiele denselben Skill lediglich mit anderem Modell.
Das Ergebnis ist eine Klasse mit enormem Build-Spielraum – aber auch mit hohem Balancing-Aufwand.
Große Formen, größere Trefferflächen
Besonders heikel war das Thema Hitboxen. Wer sich in Bär oder Wyvern verwandelt, ist schlicht größer – und damit leichter zu treffen. Zwar sind die Hitboxen kleiner, als man visuell erwarten würde, dennoch bleibt der Nachteil gegenüber der menschlichen Form bestehen.
Grinding Gear Games begegnet diesem Problem mit passiven Boni je nach Gestalt. Der Bär erhält Schadensreduktion, um seine langsamere Bewegung und Größe auszugleichen. Die Wyvern-Form hingegen profitiert von verbesserter Energieschild-Regeneration, was einen beweglicheren Hit-and-Run-Spielstil ermöglicht.
Der Wolf nimmt eine Sonderrolle ein. Seine Hitbox ist fast identisch mit der menschlichen Form, kombiniert mit höherer Bewegungsgeschwindigkeit. Laut Rogers ist der Wolf daher bereits gut ausbalanciert und benötigt kaum zusätzliche Kompensationen.
Tempo bleibt König – auch für den Wyvern
Path of Exile-Spieler wollen schnell sein, daran hat auch Path of Exile 2 nichts geändert. Entsprechend kritisch wurde intern geprüft, ob die Wyvern-Mechanik das Spieltempo ausbremst. Die Fähigkeit, Gegner zu verschlingen, um Power Charges zu generieren, sollte sich nicht träge anfühlen.
Die Lösung: ein extrem flüssiger Ablauf. Spieler können zu Gegnern springen, sie konsumieren und sich dabei weiterhin frei bewegen. Das Designziel laut Rogers war klar – „chomp and go“. Die Mechanik sollte visuell glaubwürdig bleiben, ohne den Spielfluss zu stören.
Totems kehren zurück – aber nicht ohne Einschränkungen
Mit dem Druiden feiern auch Spell Totems ihr Comeback. In Path of Exile 2 funktionieren sie jedoch anders als zuvor. Totems benötigen nun Charges, was sie stärker in Ressourcen-Management einbindet.
Theoretisch lassen sich reine Totem-Builds ohne Verwandlung spielen, praktisch wird das jedoch anspruchsvoll. Wer keine Tierform nutzt, muss alternative Wege finden, um Charges zu generieren – was laut Rogers andere Klassen wie Hexe oder Zauberin teilweise effizienter lösen.
Nahkampf gegen Fernkampf – ein altes Problem kehrt zurück
Der Druide wirft erneut eine der größten Dauerfragen von Path of Exile auf: Melee versus Ranged. Trotz höherem Schadenspotenzial fühlt sich Nahkampf oft unterlegen an, weil Fernkampf-Builds Gegner häufig ohnehin mit einem Treffer eliminieren.
Rogers sieht hier Hoffnung durch die Endgame-Änderungen in Version 0.4. Statt immer höherer Gegnerdichte setzt das Spiel nun stärker auf höhere Lebenswerte. Dadurch könnte roher Schaden wieder relevanter werden – ein möglicher Vorteil für Nahkampf-Builds.
Ob das in der Praxis ausreicht, bleibt abzuwarten.
Transformationen auch für andere Klassen
Selbst wer den Druiden nicht spielen möchte, profitiert von seinem Design. Über die neue Talisman-Waffe können auch andere Klassen Zugriff auf die Verwandlungsformen erhalten. Welche Kombinationen sich langfristig als besonders stark erweisen, will Rogers bewusst offenlassen.
Gerade hier rechnet das Team mit kreativen Builds aus der Community, die die Meta erneut durcheinanderwirbeln könnten.
Bonus für Zauberinnen: Disciple of Varashta
Zusätzlich bringt die neue Season noch eine weitere Überraschung. Die Zauberin erhält mit dem Disciple of Varashta eine dritte Aufstiegsoption. Dabei handelt es sich um eine flexible Beschwörer-Variante, bei der Spieler die Fähigkeiten von bis zu drei Djinn individuell ausbauen können.
Jeder Djinn startet mit einer Kernfähigkeit, kann aber je nach Build weiter spezialisiert werden – ein weiterer Schritt hin zu noch mehr Individualisierung im Endgame.
Ein Druide mit Risiken – aber enormem Potenzial
Der Druide ist zweifellos eine der komplexesten Klassen, die Grinding Gear Games je entwickelt hat. Seine Macht im Endgame ist beeindruckend, doch Größe, Hitbox und Ressourcen-Management fordern Spieler stärker als klassische Fernkampf-Builds.
Genau darin liegt jedoch der Reiz. Path of Exile 2 setzt mit dem Druiden ein klares Zeichen: mehr Tiefe, mehr Risiko – und mehr Raum für Experimente.